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Der Latein-LK
„Satyricon“ wider Willen
Es lud eines Tages ein weiser Senator zwei Lustknaben und sechs Musen ein, um sie in der schönsten Sprache der Welt (siehe Taschenaufkleber) zu unterweisen. Er suchte sie am Reichtum seines Wissens über das Altertum teilhaben zu lassen, doch es ward ihm nicht leicht gemacht. Nicht einmal zu „Asterix und Obelix“ ließen sich die acht Schüler erfolgreich bekehren.
Nach Cicero, Petron, Horaz und Livius verließ Noellus infirmus1, der als letzter dem kleinen Kreise beigetreten war, diesen leider auch als erster wieder.
Die anderen sieben ließen sich indes durch die häufigen ironischen Verbalinjurien2 des Lehrmeisters, wie „Dass ihr doch so rein gar nichts wisst!“ oder „Ich habe versucht euch etwas beizubringen – es blieb beim Versuch!“, nicht beirren. Selbst die belehrenden Hinweise auf die glorreiche Vergangenheit der Lateinfachschaft, die sicherlich dem Leitspruch „Historia magistra vitae“3 folgen sollten, konnten den kleinen Latein-LK nicht von seinem Kurs abbringen. Er hielt tapfer der Flut von Blättern (alle abirelevant) und motivierenden Durchhalteparolen („Auch dieser Kurs geht vorbei!“) stand, obwohl sich Steffi nie ernst genommen fühlte. Denn trotz einiger Ausfälle und Ausfälligkeiten glänzte der Kurs ab und an sogar durch „demonstrative Anwesenheit“.
Die ersten Defizite zeichneten sich gleich zu Anfang ab: Steffi kam grundsätzlich zu spät oder gar nicht zu den Lehrstunden, Jelena entwickelte sich zur Dativspezialistin, Krissi zur Fachfrau in Sachen Gerundiv, Andis elegische Stirnfalten konnten beim Übersetzen nicht einmal mehr mit dem Bügeleisen geglättet werden, Kathrin lief erst bei einem Referat zu voller Form auf, Tatjanas wahres Wesen blieb bis zur Facharbeitsthemenvergabe verborgen (ursprünglicher Titel: „Frauen, die auf Mord sinnen“) und unser verbleibender Lustknabe Christian kam potentiellen Fehlleistungen durch eloquente Entschuldigungsversuche zuvor (auch hier blieb es beim Versuch).
Für diese Schwächen erstrebte der Lehrmeister durch individuelles Lerntraining Abhilfe zu schaffen und kompensierte seinen Frust durch hemmungslose Heiterkeit so sehr, dass selbst der Stuhl seinem Humor nicht Stand halten konnte.
Während in der Schule der Grundsatz „Nicht ohne unsere Wortkunde!“ galt, setzte sich abends das Motto „Nicht ohne unser Weinglas!“ durch. Im Landhaus des Senators schwelgten sie so einen Abend lang bei einem guten Glas Falernerweins und einer noch viel besseren Pizza der Senatorengattin, wobei selbstverständlich auch der didaktische Aspekt in Form des Films „Satyricon“ nicht auf der Strecke blieb. Doch dies war bis dahin und blieb ebenso später nicht die einzige außerschulische Zusammenkunft des Kreises von Eingeweihten. So huldigten sie sowohl der griechischen wie auch der mexikanischen Kultur, indem sie sich mit der nationalen Cousine bekannt machten. Ebenso erweiterten sie freiwillig (!?!) ihren Horizont im Germanischen Nationalmuseum und auf der Lateinexkursion, die sie zur Saalburg, nach Mainz, Bad Kreuznach, Schwarzenacker, Worms und zum Felsenmeer verschlug. Auf dieser letzten Station der zwar überaus anstrengenden, aber auch lustigen und lehrreichen Odysee stand schließlich selbst Nicolaus Molinarius4 im Wald und wusste nicht weiter, hatte er doch seine Schäfchen alle verloren und musste sich nun den beschwerlichen Weg zu seiner Herde ganz alleine hinaufquälen.
Diese gemeinsamen Unternehmungen schweißten die sechs Musen, den Lustknaben und den Senator jedoch immer mehr zusammen, was dann diejenigen, die das Wagnis, mit dem Lehrmeister auf Abifahrt in die Provence zu reisen, auf sich nahmen, bewiesen, indem sie heroisch gegen manchen Widerstand der Mitreisenden zu ihm hielten und mit ihm zu den sehr zahlreichen römischen und sonstigen historischen Stätten des französischen Südens pilgerten.
Und, trotzdem im Unterricht nicht immer nur Zufriedenheit, sowohl seitens des Senators als auch seitens der Musen und des Lustknaben, herrschte, so gab es doch nie ernsthafte Streitigkeiten, da der Kurs immer wieder zum privaten Klima und der guten Atmosphäre dadurch beitrug, dass er Anlässe wie Ostern oder Nikolaus mit Gebäck aus eigener Produktion oder Süßigkeiten vom Meister zelebrierte.
So wird die kleine Gruppe wohl nach dem Ende der Unterweisung nicht aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz in die Memoiren der Schule eingehen, wohl aber als der zwar kleinste, durch sein Lachen aber lauteste LK des Jahrgangs 1999/2001 (womit bewiesen wäre, dass Nicolaus Molinarius selbst mit einer angeblich toten Sprache Halbtote zum Leben erwecken kann) in Erinnerung bleiben.
-> Quod erat demonstrandum: „Difficile est saturam non scribere!“5
Die Musen Stefanie Obieray, Jelena Vogtmann, Kristina Stelling, Andrea Patz, Kathrin Salzmann, Tatjana Rodrian, der Lustknabe Christian Eichler und der Senator Dr. Klaus Mühl; Noel Krank in memoriam6
Der Latein-LK
1) Noelus infirmus: Noel Krank
2) Verbalinjurien: Ungerechtigkeiten, die mit Worten zugefügt werden
3) „Historia magistra vitae“: „Die Geschichte ist eine Lehrerin für das Leben“
4) Nicolaus molinarius: Klaus Mühl
5) Quod erat demonstrandum: „Difficile est saturam non scribere!“: Was zu beweisen war: „Es ist schwer nicht Satire zu schreiben!“ (Juvenal)
6) in memoriam: in Gedenken
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